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Rechtliche Grundlagen Darf mein Vermieter mir verbieten, in einer angemieteten Wohnung Tagespflege zu leisten? Grundsätzlich ist die Durchführung von Kindertagespflege auch in einer angemieteten Wohnung/Haus zulässig, darf jedoch Wohnzwecken nicht entgegenstehen.
Das ist jedenfalls immer dann der Fall, wenn es sich um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt.
Der BGH hat in seinen Urteilen immer darauf abgestellt, ob man bei der Ausübung der selbständigen Tätigkeit noch von "Wohnen" sprechen kann.
Es kommt also immer auf den Umfang der Tätigkeit und auch auf den Einzelfall an.
Hierzu hat der BGH ein aktuelles Urteil gesprochen: Az. VIII ZR 165/08 vom 14. Juli 2009. Dieses Urteil konkretisiert die folgenden Urteile:
LG Hamburg, Urt. v. 22.04.1982 - 7 S 63/82 - NJW 1982, 2387; AG Hamburg, Urt. v. 09.04.1985 - 43A C 320/84 - WuM 1989, 625; AG Stuttgart, Urt. v. 27.10.1987 - 32 C 9582/87 - WuM 1988, 52; a. A. LG Berlin, Urt. v.06.07.1992 - 61 S 56/92 - WuM 1993, 39 bei fünf Kindern.
Tenor dieser Urteile ist jeweils, dass der Umfang der Tagespflege Wohnzwecken nicht entgegenstehen darf. Das bedeutet vor allem, dass die Wohnung auch zum Wohnen genutzt wird und nicht ausschließlich zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit.
Außerdem darf die selbstständige Tätigkeit nicht massiv nach außen in Erscheinung treten; Mitmieter dürfen nicht beeinträchtigt werden.
Einige Gerichte sehen es jedoch als nicht mehr vertragsgemäß an, wenn die Anzahl der betreuten Kinder nicht mehr in Relation zur Größe der Wohnung steht.
Beispiele:
1. Die Tagespflegeperson möchte in ihrer Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus, die sie selbst mit ihrer Familie bewohnt, 3 Tageskinder gleichzeitig betreuen.
Hier steht die Tagespflege Wohnzwecken nicht entgegen; die TPP wohnt selber auch in der Wohnung, die Tätigkeit übt sie alleine ohne Mitarbeiter aus der Kundenverkehr zu Bring- und Abholzeiten ist überschaubar.
2. Die Tagespflegeperson mietet eine Wohnung an, die ausschließlich für die Kindertagespflege genutzt wird.
Die Tagespflege wird von zwei TPP im Zusammenschluss ausgeübt, es werden 9 Kinder gleichzeitig betreut. Der Kundenverkehr zu Bring- und Abholzeiten ist nicht unerheblich.
Hier steht die Tagespflege Wohnzwecken eindeutig entgegen; die Wohnung wird ausschließlich für die Betreuungstätigkeit genutzt.
Fazit:
Es kommt immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.
In jedem Fall sollte man den Vermieter und die Nachbarn über die Aufnahme der Tagespflegetätigkeit informieren.
Der Vermieter kann eine Änderung des Mietvertrages und einen Zuschlag auf die Mietnebenkostenvorauszahlung verlangen, da sich die durch die Kinderbetreuung erhöhte Personenzahl auf die Betriebskosten (Wasser, Müllabfuhr, Reinigung) auswirkt.
Das aktuelle Urteil des BGH ist als Download verfügbar.
Achtung:
Für alle, die sich gerne vor der Aufnahme einer Tätigkeit als Tagespflegeperson absichern möchten, ist unter den Praxishilfen ein entsprechendes Formular bereitgestellt.
Wie sieht es aus bei Wohneigentum?
Soll die Tagespflege in einer Eigentumswohnung geleistet werden, so empfiehlt sich zunächst ein Blick in die Gemeinschaftsordnung.
Oftmals ist hier festgelegt, ob und in welchem Umfang eine berufliche Tätigkeit zulässig ist oder ob diesbezüglich evtl. die Zustimmung des Verwalters oder der Eigentümergemeinschaft notwendig ist.
Das Landgericht Köln hat zur ganztägigen Kindertagesbetreuung in einer Eigentumswohnung kürzlich entschieden, dass diese unzulässig sein kann.
Eine ganztägige professionelle Kinderbetreuung in einem Wohnhaus gehe in der Regel mit erheblichen Beeinträchtigungen für die (Mit-)Bewohner einher, beispielsweise einem erhöhtem Lärmpegel, vermehrtem Lärm und Schmutz durch den Publikumsverkehr im Treppenhaus oder ein erhöhtes Müllaufkommen durch die Vielzahl an anfallenden Windeln.
Diese Beeinträchtigungen gingen über das hinaus, was eine normale Wohnungsnutzung ausmacht.
Die Nachbarn müssen dies - anders als die Nachbarschaft zu einer kinderreichen Familie - deshalb nicht hinnehmen (LG Köln, Urteil vom 11.8.2011, 29 S 285/10 ).
Der BGH entschied, dass die Tagespflegeperson ihre Tätigkeit nicht fortführen darf, solange die Eigentümergemeinschaft des Wohnhauses nicht mit 3/4-Mehrheit zugestimmt haben.
Die Richter des BGH haben zwar den vorgelegten Fall entschieden; damit ist aber die eigentlich interessierende Rechtsfrage offen geblieben, ob Kindertagespflege in Wohnungen unter Lärmgesichtspunkten zumutbar ist.
Der BGH hat das Urteil des Landgerichts Köln nämlich aus rein formalen Gründen bestätigt, da die notwendige 3/4-Mehrheit der Eigentümerversammlung nicht vorlag.
Weitere Infos auf der Homepage des "Bundesgerichtshofs".
Großtagespflege:
Um bestehende Gewerberäume oder Wohnräume für Kinderbetreuung in Großtagespflege nutzen zu können, ist ggfls. eine Baugenehmigung (Nutzungsänderung) des Bauamtes erforderlich.
Für den Fall, dass ein mit öffentlichen Mitteln geförderter Wohnraum für eine Großtagespflege genutzt werden soll, ist eine Zweckentfremdungsgenehmigung des Wohnungsamtes erforderlich.
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